
Mitten im lebendigen Hamburger Stadtteil St. Pauli erhebt sich ein massives Monument aus Beton: der Hochbunker Feldstraße. Ursprünglich als militärischer Schutzbau in den Jahren 1942 bis 1944 errichtet, gilt er heute als eines der markantesten Bauwerke Hamburgs. Sein martialisches Äußeres lässt nicht vermuten, wie sehr sich sein Innenleben in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Unser Besuch war nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern auch eine Begegnung mit einem Ort, der zeigt, wie Transformation gelingen kann.
Gesehen haben wir den Bunker das erste Mal beim Hamburger Dom mit dem Frühlingsfest und waren überwältigt von seiner Pracht. Schnell war klar: Wir müssen das Bauwerk auch ansehen.
Eine massive Vergangenheit
Während des Zweiten Weltkriegs diente der Bunker als sogenannter Flakturm: mit Luftabwehrgeschützen bestückt, sollte er die Stadt vor Luftangriffen schützen. Mit Wänden aus bis zu 5 Meter dickem Stahlbeton und Raum für bis zu 18.000 Menschen galt er als nahezu uneinnehmbar. Auch Jahrzehnte nach dem Krieg trotzt das Gebäude Wind und Wetter. Ein Abriss wurde nie ernsthaft erwogen – zu groß, zu teuer, zu stabil. Stattdessen entschied man sich für einen anderen Weg: den der kulturellen Umnutzung.
Statt ihn abzureißen, begann in den 1990er-Jahren eine neue Phase für das Gebäude. Schritt für Schritt wurde der Bunker mit neuem Leben gefüllt: Zunächst fanden sich hier Proberäume für Musiker, später zogen Veranstaltungsorte, Künstlerateliers und Ausstellungsflächen ein. Die dicken Mauern, einst Symbol für Abwehr und Abschottung, wurden zur Bühne für Offenheit, Vielfalt und kreativen Ausdruck.
Unser Besuch: Staunen, Nachdenken, Perspektivwechsel
Wir entdeckten den Bunker eher zufällig beim Besuch des Hamburger Frühlingsdoms. Schon von weitem zog uns die wuchtige Silhouette an. Was auf den ersten Blick an eine Festung erinnert, entpuppte sich beim Näherkommen als faszinierender Kontrast zur lebendigen Umgebung.
Der Eintritt ist kostenlos. Wer die steilen Treppenstufen erklimmt, wird mit einem eindrucksvollen Blick über Hamburg belohnt. Dabei spürt man die Geschichte in jeder Ecke: die kalten Wände, die dicken Stahltüren, die beklemmende Enge der ehemaligen Schutzräume. Und doch: Heute herrscht hier kreatives Leben. Die Aussicht auf die Stadt ist ein Traum. In anderen Städten verlangt man schon locker einen Eintrittspreis, um die Aussicht zu genießen. Zwar ist der Tag von Wolken bedeckt. Doch auch so ist es ein Erlebnis, Hamburg von oben zu sehen.
Kultur statt Kriegszweck: Das neue Gesicht des Bunkers
In den oberen Etagen haben sich Kulturinstitutionen, Musikveranstalter und Kreativschaffende angesiedelt. Besonders bekannt ist das „Uebel & Gefährlich“ – ein Club und Veranstaltungsort, der sich längst über Hamburg hinaus einen Namen gemacht hat. Wer einmal bei einem Konzert dort war, wird die besondere Atmosphäre zwischen Beton, Beats und Begeisterung nicht so schnell vergessen.
Doch der Bunker kann mehr: Ausstellungen, Ateliers, Proberäume und Events unterschiedlichster Couleur machen ihn zu einem kulturellen Hotspot, der ideal zum kreativen Geist von St. Pauli passt.
Zukunft in grün: Der Dachgarten
Was uns besonders beeindruckt hat, war das Konzept des geplanten Dachgartens. Auf dem massiven Dach entsteht eine grüne Oase über den Dächern Hamburgs – mit Bäumen, Wegen, Cafés und einem 360°-Panoramablick. Ein Symbol für den Wandel: Wo einst Abwehrgeschütze standen, sollen bald Menschen entspannen, flanieren und die Stadt neu erleben. Die Kombination aus Geschichte, Nachhaltigkeit und urbaner Lebensqualität ist beeindruckend und zeigt, wie Vergangenheit produktiv in die Zukunft integriert werden kann.
Fazit: Mahnmal und Mutmacher zugleich
Der Bunker St. Pauli ist für uns mehr als nur ein Relikt des Zweiten Weltkriegs. Er steht für die Geschichte, aber noch mehr für die Kraft der Veränderung. Zwischen kaltem Beton und kreativer Energie spiegelt sich das Lebensgefühl einer Stadt, die Gegensätze aushält und Neues wagt. Wer Hamburg besucht und sich für Kultur, Stadtentwicklung oder Zeitgeschichte interessiert, sollte diesen Ort nicht auslassen. Der Bunker zeigt, wie aus dem Schweren etwas Leichtes, aus dem Alten etwas Zukunftsweisendes entstehen kann.